Demokratie in Zeiten der Krise
Krisen wie die Corona-Pandemie verändern (zeitweise) das Leben der Bürger*innen. Es werden Kontaktbeschränkungen ausgesprochen und Veranstaltungen abgesagt. ❌ Die Regierung schränkt wichtige Grundrechte ein. Warum darf sie das und wie funktioniert Demokratie in dieser Zeit? Das erfährst du hier!
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Gewaltenteilung
In einer Demokratie ist die Macht auf viele verteilt. Das nennt sich Gewaltenteilung. Mehr dazu findest du unter Politische Basics!
In Zeiten der Krise: Unter normalen Umständen kann es sehr lang dauern , bis ein Gesetz beschlossen wird. In einer Krise muss aber schnell gehandelt werden. Die Regierung beschließt deshalb Maßnahmen zur Bekämpfung der Krise. Während der Corona-Pandemie sind das zum Beispiel Kontaktbeschränkungen, Einreiseverbote oder die Maskenpflicht. Die Regierung hat also weitreichende Befugnisse und es kommt zu einer Machtverschiebung hin zu einer starken Exekutive.
Desto länger die Krise dauert, umso wichtiger wird die Rückkehr zur normalen Gewaltenteilung. Die Gerichte müssen kontrollieren, Die Gerichte werden nicht von selbst tätig. Es braucht einen Antrag oder eine Klage z.B. gegen eine Maßnahme und die Gerichte prüfen, ob diese rechtskonform ist. ob die zeitweise Einschränkung der Grundrechte rechtlich in Ordnung ist. Auch die Abgeordneten in den Parlamenten müssen über die Maßnahmen diskutieren, Interessen abwägen und Gesetze beschließen - auch wenn das manchmal Zeit kostet. So werden die demokratischen Machtverhältnisse bewahrt.
Föderalismus
In Deutschland ist die Macht zwischen dem Bund und den Bundesländern aufgeteilt. Das nennt sich Föderalismus. Mehr dazu findest du unter Politische Basics!
In Zeiten der Krise: Der Bund und die Länder arbeiten eng an einer gemeinsamen Strategie zur Bekämpfung der Pandemie. Die Grundlage hierfür bietet das Infektionsschutzgesetz. Dies befähigt das Bundesgesundheitsministerium, Maßnahmen zur Eindämmung anzuordnen. Diese werden anschließend durch Verordnungen Das ist eine Rechtsnorm, die durch ein Regierungs- oder Verwaltungsorgan (Exekutive) erlassen wird. Es steht in der Hierarchie unterhalb des Gesetzes, hat aber den Vorteil, dass Regeln schneller eingeführt werden können. in den Bundesländern umgesetzt. Darin steht dann zum Beispiel, dass der Mindestabstand 1,5 Meter betragen soll.
Das führt zu vielen verschiedene Regeln! Jede Landesregierung schreibt die Verordnung für ihr Bundesland. Deshalb kann es sein, dass in Thüringen zum Beispiel andere Regeln gelten, als in Bayern. Da die Pandemie unterschiedlich auftritt, macht dies Sinn. Auch wenn viele Regeln bundesweit identisch sind, ist es dennoch manchmal schwer nachzuvollziehen, was wo gilt.
Übrigens: In Frankreich gibt es diese vielen verschiedenen Regeln nicht. Dort ist die Regierung nämlich zentralistisch aufgebaut, das bedeutet, dass die Macht im Staat gebündelt wird und sich nicht so sehr auf die Regionen aufgeteilt.
Verhältnismäßigkeitsprinzip
Das Verhältnismäßigkeitsprinzip ist ein Grundsatz im deutschen Rechtssystem. Konkret bedeutet es, dass alle Eingriffe des Staates in die Rechte der Bürger*innen angemessen (verhältnismäßig) sein müssen. Bevor ein Gesetz oder eine Maßnahme beschlossen wird, muss also geprüft werden, welches Mittel am besten geeignet ist, um
das Ziel zu erreichen und die Rechte der Bürger*innen am wenigsten einzuschränken.
Dadurch werden die Grundrechte gegenüber dem Staat verteidigt.
In Zeiten der Krise: Das Verhältnismäßigkeitsprinzip wird besonders wichtig , denn es müssen schwerwiegende Entscheidungen getroffen werden.
Während der Corona-Pandemie wurden Menschen unter Quarantäne gestellt, Grenzen geschlossen und Ausgangssperren verhängt.
Doch wie sehr darf der Staat die Bewegungsfreiheit von Menschen eigentlich einschränken? Zwei Grundrechte stehen sich gegenüber:
das Recht auf körperliche Unversehrtheit Der Staat muss den Körper, den Geist und das Leben aller Menschen schützen. Im Grundgesetz ist dieses Grundrecht in Art. 2 Abs. 2 festgeschrieben.
das Recht auf freie Entfaltung der Person Der Staat muss die Freiheit aller Menschen schützen. Dazu gehört auch die Bewegungsfreiheit. Im Grundgesetz ist dieses Grundrecht in Art. 2 Abs. 1 festgeschrieben.
Eine zeitlich begrenzte Einschränkung der Bewegungsfreiheit kann Leben retten und ist somit verhältnismäßig. Wichtig ist, dass die Maßnahmen zielführend sind und sobald wie möglich wieder aufgehoben werden.
Der Notstand
Das Grundgesetz enthält Regelungen für einen Notstand. Es unterscheidet dabei zwischen dem inneren Dieser tritt ein, wenn es sich um die Abwehr drohender Gefahren von innen her handelt, z.B. Naturkatastrophen oder Aufstände. und dem äußeren Dieser tritt ein, wenn das Bundesgebiet mit Waffengewalt angegriffen wird oder ein solcher Angriff unmittelbar droht (Verteidigungs- oder Kriegsfall). Notstand. Der Bundestag kann mit einer 2/3 Mehrheit den Notstand ausrufen. Daraufhin erhält die Bundesregierung weitreichende Befugnisse. So kann sie zum Beispiel den Einsatz der Bundeswehr oder der Bundespolizei im gesamten Bundesgebiet koordinieren.
Übrigens: Der Notstand wird in den Notstandsgesetzen genau geregelt. Die Gesetze wurden 1968 unter großen Protesten eingeführt, da Viele befürchteten, dass die Exekutive dadurch zu mächtig werden würde. Bisher wurde der Notstand in Deutschland noch nie ausgerufen.
In Zeiten der Krise: Die Corona-Pandemie kann als eine Art innerer Notstand angesehen werden. Dieser wurde allerdings nicht festgestellt. Das liegt daran, dass die Bundesländer eigenständig in der Lage waren/sind, Maßnahmen zur Eindämmung des Virus zu treffen. Zudem ist die Regierung sehr vorsichtig, was ihren Machtausbau angeht - die Notstandsgesetze würden aber genau das bedeuten.
Katastrophenschutz
Jedes Bundesland besitzt ein eigenes Katastrophenschutzgesetz. Dieses Gesetz erlaubt es einem Bundesland, den Katastrophenfall Das ist die Feststellung eines Ereignisses, das das Leben und die Gesundheit einer Vielzahl von Menschen gefährdet. auszurufen. Daraufhin folgen Maßnahmen zur Eindämmung der Katastrophe:
Bündelung von Einsatzkräften Zentrale Koordination von Behörden, Kommunen und Hilfsorganisationen
So kann ein Bundesland oder ein Landkreis beispielweise schnell und effektiv gegen eine Hochwasserkatastrophe vorgehen.
Übrigens: Der Katastrophenschutz ist ähnlich wie der Notstand. Ein wichtiger Unterschied ist jedoch, dass der Katastrophenschutz auf Landesebene und der Notstand auf Bundesebene stattfindet.
In Zeiten der Krise: Wenn ein Bundesland den Katastrophenfall ausruft, haben die Behörden, wie im Fall der Corona-Pandemie, das Recht den Zugang zum öffentlichen Raum zu begrenzen und eine Meldungspflicht für Beatmungsgeräte einzuführen. Die meisten Bundesländer haben auf eine Ausrufung des Katastrophenfalls jedoch verzichtet, da das Infektionsschutzgesetz ebenfalls einen rechtlichen Rahmen für Maßnahmen bietet.
Infektionsschutzgesetz
Es gibt verschiedene Wege, um einer Notsituation zu begegnen. Bei der Corona-Pandemie gilt das Infektionsschutzgesetz. Es regelt die Pflichten zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten. Dazu gehört unter anderem:
Vorbeugung von übertragbaren Krankheiten Rechtzeitiges Erkennen von Infektionen Verhinderung einer Weiterverbreitung
In Zeiten der Krise: Die Bundesregierung ist verpflichtet, Maßnahmen zu treffen, um die Infektionskrankheit zu stoppen. Hierfür muss der Bundestag zunächst feststellen, dass es sich um eine epidemische Lage von nationaler Tragweite Das bedeutet, dass eine ernsthafte Gefahr für die öffentliche Gesundheit in der gesamten Bundesrepublik Deutschland besteht. Am 27. März 2020 hat der Bundestag die epidemische Lage von nationaler Tragweite festgestellt. Diese wurde am 04. März 2021 bis Ende Juni 2021 verlängert. handelt. Wenn dies geschehen ist, erhält die Bundesregierung weitreichende Befugnisse. Dann kann das Gesundheitsministerium Die Pandemie fällt in den Zuständigkeitsbereich des Gesundheitsministeriums; es hat somit die Hauptverantwortung. In einer anderen Krisensituation kann ein anderes Ministerium zuständig sein. Anordnungen treffen. Dazu gehören:
Maskenpflicht, ️ Ausgeh- und Kontaktbeschränkungen und Meldungspflicht von Krankheitsfällen.
Dadurch werden wichtige Grundrechte zeitweise eingeschränkt.
Übrigens: Die Bundesländer und Kommunen können selber Regeln aufstellen. So hat zum Beispiel Jena als erstes die Maskenpflicht eingeführt. Die Regeln müssen sich jedoch an denen der Bundesregierung orientieren.