Guten Tag Frau Ministerin!
Anja Siegesmund
Thüringer Ministerin für Umwelt, Energie und Naturschutz - das ist die offizielle Jobbezeichnung von Anja Siegesmund. Wir haben mit ihr gechattet und ihr die Frage aller Fragen gestellt: Willst du die Bratwurst 🌭 verbieten? Die Antwort gibts im Chat 👇
Vorgestellt.
Wer ist Anja Siegesmund?
Anja Siegesmund ist Politikerin. Seit 2014 ist sie Ministerin für Umwelt, Energie und Naturschutz im Freistaat Thüringen.
Ein paar Fakten zu Anja Siegesmund:
1977 in Gera geboren
verheiratet und 3 Kinder
hat Politikwissenschaft, Germanistik und Psycholgie in Jena und Baton Rouge (USA) studiert
Mitglied von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Hallo Anja! Schön, dass du uns heute ein paar Fragen beantwortest. Fangen wir direkt mal an: Du bist seit 2014 Umweltministerin in Thüringen. Wie startet denn ein klassischer Arbeitstag bei dir?
Mein Team und ich starten jeden Morgen mit einer gemeinsamen Telefonschalte in den Tag. Hier finden die ersten Abstimmungen statt. Was viele unterschätzen: zum Alltag in der Politik gehört viel Schreibtischarbeit. So oft es geht bin ich aber im direkten Austausch mit den Menschen vor Ort, bin im Land bei Vereinen, Schulen oder Unternehmen unterwegs. Das ist nicht nur abwechslungsreich, sondern ich merke direkt, wo der Schuh drückt und was wir angehen müssen.
Beschreibe uns mal bitte deine Hobbys mit drei Emojis.
Mit meiner Familie bin ich am liebsten draußen unterwegs – ob beim Kanu fahren, mit dem Rad oder beim Wandern. Außerdem lese ich für mein Leben gern.
Unser Projekt heißt JUGEND PRÄGT. Was hat deine Jugend geprägt?
Ich bin in Gera aufgewachsen. Die Hügel des Uran-Bergbaus waren nicht weit entfernt. Das warf Fragen auf über die Umwelt und darüber, wie alles mit allem zusammenhängt. Außerdem erinnere ich mich an den Herbst 1989 und die Friedliche Revolution in der ehemaligen DDR. Ich denke an Kerzen und Gebete, an Kirche und Menschen in Stille und Spannung, an Proteste gegen die bedrückende Dunkelheit, die zugleich mit einer Hoffnung auf mehr Licht, also Freiheit, verbunden waren. Zu erleben, dass man Dinge verändern kann - das war rückblickend schon ein erster Schritt zum politischen Engagement.
2021 dreht sich bei uns alles um Nachhaltigkeit. Was bedeutet Nachhaltigkeit für dich?
Nachhaltigkeit ist leider inzwischen oft ein fast beliebiger Begriff. Dabei wird er schnell konkret, wenn wir darüber sprechen: Wo landet unser Müll? Wo kommt unser Strom her? Was können wir im Alltag anders machen? Nachhaltigkeit muss ganz klar das Ziel haben, unsere Lebensgrundlagen – weltweit wie hier in Thüringen – zu erhalten.
Wo fällt es dir im Alltag besonders leicht nachhaltig zu leben und wo besonders schwer?
Wir alle haben doch ein Interesse daran, unsere Umwelt zu schützen und mit Ressourcen sorgsam umzugehen. Das ist nicht immer einfach. Warum ist es oft billiger eine neue Waschmaschine zu kaufen als eine alte zu reparieren? Hier setzen wir mit unserem Thüringer Reparaturbonus an und belohnen reparieren statt wegwerfen. Dafür setze ich mich ein und das ist auch die Aufgabe von Politik: die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit wir alle gut nachhaltig leben können.
Du bist in Gera geboren und hast unter anderem in Jena studiert. Was liebst du ganz besonders an Thüringen?
Ganz klar die vielfältige Natur! Ob die Hohe Schrecke im Norden Thüringens, die Saale-Horizontale in Jena oder der Geraer Stadtwald: die Natur liegt für uns Thüringerinnen und Thüringer vor der Haustür, das ist ein großes Privileg.
Die Bratwurst gehört auch in Zukunft zu Thüringen – am besten aus artgerechter Tierhaltung und Bio. 🌭😄
Kannst du uns mal kurz beschreiben, was genau du als Umweltministerin machst? Was darfst du entscheiden?
Meine jüngste Tochter stellte mich mal einer ihrer Freundinnen als „Umwälzministerin" vor. Manchmal kam es mir in den letzten Jahren tatsächlich so vor. Meine Aufgabe ist es, Thüringen weiter zu modernisieren, um unsere Lebensgrundlagen, die Natur und das Klima zu schützen. Das sind viele Änderungsprozesse und Steine die ich umdrehen muss – für sauberes Wasser und mehr Natur, für eine umweltfreundlichere Landwirtschaft und saubere Mobilität. Das alles geht nicht allein. Es kommt auf viele helfende Hände an.
Auf welchen deiner Erfolge als Umweltministerin bist du besonders stolz?
Bei uns in Thüringen ist Klimaschutz Gesetz. 2018 haben wir als erstes ostdeutsches Bundesland ein Klimagesetz beschlossen. Das war ein langer Weg, der sich gelohnt hat, denn alle künftigen Gesetzesvorhaben sollen sich am Klimaschutz messen.
Was ist für dich die größte Herausforderung als Umweltministerin? Was hindert dich z. B. daran, noch größere Ziele umzusetzen?
Die größte Herausforderung ist die Klimakrise. Wir haben in Thüringen schon viel erreicht: z.B. sind über 60 Prozent unseres Stromverbrauchs aus Erneuerbaren Energien. Unser Weg zeigt: Energie komplett aus Erneuerbaren Energien ist nötig und möglich. Was wir jetzt brauchen ist noch mehr Tempo, das geht nur gemeinsam.
Der Klimawandel ist ein globales Problem. Wo und wie ist der Klimawandel in Thüringen spürbar?
Die Dürresommer der vergangenen Jahre genauso wie der Starkregen in diesem Sommer, haben auch bei uns in Thüringen Spuren hinterlassen - in den Gewässern, auf den Feldern, in den Böden. Die Wetterextreme treffen längst nicht mehr nur ferne Inselstaaten. Wir spüren die Hitze in den Innenstädten und sehen die verwüsteten Turnhallen oder Keller nach Überschwemmungen.
In Thüringen leben vergleichsweise wenig Menschen, es gibt keine großen Wirtschaftsunternehmen und gleichzeitig viel Wald. Sind wir nicht schon super nachhaltig? Oder warum sollten wir noch mehr tun?
Den Eindruck bestätigen die Zahlen: Bundesweit sind die jährlichen Pro-Kopf-CO2-Emissionen mit rund 9,2 Tonnen etwa doppelt so hoch wie der Thüringer Durchschnitt. Trotzdem lehnen wir uns nicht zurück, auch wir haben Luft nach oben. Da fällt mir als erstes die Energieversorgung ein. In Thüringen wollen wir unseren Energiebedarf bis spätestens 2040 ausschließlich aus erneuerbaren Energien decken und diese Energie auch regional bei uns in Thüringen produzieren.
Thüringens größter Klimakiller ist...
Wie bundesweit: Der Verkehr! Deshalb brauchen wir flächendeckend einen Thüringentakt, also die optimale Anbindung von Schiene und Nahverkehr, die jeden mitnimmt.
Wie unterstützt die Thüringer Landespolitik die Thüringer*innen darin, ein nachhaltiges Leben zu führen?
Unseren Reparaturbonus habe ich schon genannt. Wir unterstützen z.B. Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Kommunen ganz konkret mit Förderprogrammen für Solaranlagen, Lastenräder oder Elektro-Busse.
Politik versucht also Anreize für ein nachhaltiges Leben zu setzen. Aber jetzt mal ehrlich: Was ist, wenn das nicht reicht, kommen dann die Klima-Verbote – Stichwort Ökodiktatur? Also ganz platt gefragt: Thüringen ist Bratwurstland. Wird z. B. die Bratwurst verboten?
Zuallererst: Die Bratwurst gehört auch in Zukunft zu Thüringen – am besten aus artgerechter Tierhaltung und Bio. Wir alle wissen doch: Gewohnheiten ändern ist nicht einfach. Wer etwas ändern will, braucht neben guten Ideen und Mut auch Überzeugungskraft und viele Freundinnen und Freunde, die mittun. Die gute Nachricht ist: von der Automobilindustrie über Handwerksbetriebe bis zu Umweltverbändern – überall steuern Menschen um, setzen auf Klimaneutralität.
Und jetzt mal ein bisschen utopisch gedacht: Wenn du im Hinblick auf den Klimawandel einen Wunsch frei hättest, der garantiert in Erfüllung geht bzw. umgesetzt wird, welcher wäre das?
Diese eine Erde soll auch für kommende Generationen genauso bunt, vielfältig und reich an Leben sein wie heute. Unseren Kindern gilt unsere ganze Kraft, wenn ich sage: Wir haben diese eine Erde nur von unseren Kindern geborgt.
Last but not least – Vervollständige den Satz: Junge Menschen sollten sich politisch beteiligen, damit...
… ihr aktiv mitgestalten und mitentscheiden könnt! Das ist nicht immer einfach, aber einmischen ist wichtig: die Zukunft gehört euch!