Medienpädagogik ist politisch

Dr. Annika Schreiter

Dr. Annika Schreiter ist Studien­leiterin für po­litische Jugend­bildung und Stell­ver­tretende Direk­torin der Evan­ge­lischen Aka­demie Thüringen. 🧑‍🎓 Sie interes­siert sich für die Jugend 🤩und findet, dass junge Men­schen in der öffent­lichen Be­trach­tung oft zu schlecht weg­kommen. ☝️Was genau sie be­wegt und was ihre Arbeit aus­macht, erfahrt ihr hier!

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Vorgestellt.

Wer ist Dr. Annika Schreiter?

Dr. Annika Schreiter ist Studien­lei­terin für po­li­tische Jugend­bildung und Stell­ver­tretende Direk­torin der Evan­gelischen Aka­demie Thür­ingen. 🧑‍🎓Sie setzt sich mit der ge­sell­schafts­politischen Jugend­bildung aus­ein­ander, kennt sich im Bereich Netz­politik aus 🛜 und findet, dass alle von der jungen Ge­ner­ation etwas lernen können. 📖

Hallo Annika 👋 Schön, dass du uns für ein In­ter­view zur Ver­fü­gung stehst. Zu Be­ginn möchten wir dir ein paar kurze Fragen stellen. Antworte ein­fach aus dem Bauch her­aus: lesen oder binge-watching? 📖📺
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Lesen 🤓
Star Wars oder Herr der Ringe? 🌟💍
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Star Wars 🤺
ChatGPT - Chance oder Risiko? 👾
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Chance 🤔
Wandern oder Sightseeing?
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Wandern 🚶🏻‍♀️🌄
Online-Gaming oder Brett­spiele­abend?
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Liverollenspiel ⚔️🧙
Digitale Jugend­beteiligung be­deutet für mich....
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...eigentlich eine große Chance, aber real eine be­queme Aus­rede, Jugend­liche nur zum Schein zu be­tei­ligen. Die Hoff­nung, digital junge Men­schen zu be­tei­ligen, die sich sonst nicht ein­bringen, sehe ich in keinem Pro­jekt wirklich er­füllt. 😣 Platt­formen sind meist zu komp­liziert, oft zu un­attrak­tiv und werden vor allem nur von den Jugend­lichen ge­funden, die so­wieso schon aktiv sind.
Was unter­scheidet gute Be­tei­ligung von Schein­be­teiligung? 👍👎
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Gute Be­teiligung bringt allen Be­teilig­ten was und schafft Er­geb­nisse, die echten Ein­fluss haben. Das be­deutet nicht, dass die Vor­schläge und Ideen von Jugend­lichen 1 zu 1 um­ge­setzt werden. Sondern, dass ihre Ideen auf­ge­nommen und ge­meinsam über­legt wird, was davon wie ge­macht werden kann, was nicht geht und an welchen Stellen Ideen von Er­wachs­enen viel­leicht sogar besser sind. Wichtig ist auch, dass alle ver­stehen, was die Be­teili­gung er­reichen kann und was nicht.
Von der Kita, über die Schul­bank zum de­mo­kratischen Men­schen, wie geht das? 🏠🏫🥰
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In dem man in der Kita schon an­fängt. Denn man kann man dort schon lernen, was demo­kra­tisches Mit­ein­ander be­deutet: gefragt sein, Lösungen aus­handeln, aus­halten, wenn nicht (nur) meine Wünsche zählen und ich auch mal zurück­stecken muss.... Im Idealfall ist ein „demo­kratischer Mensch“ kein End­produkt der Schule – das wäre ein sehr schräges Bild – sondern das Menschen­bild von Geburt an: Jede*r gehört mit seinen Be­dürf­nissen zur Ge­sel­lschaft und sollte nach den eig­enen Fä­hig­keiten von An­fang an be­teiligt werden. 👶🏻👨‍👩‍👧‍👧👵
Die Gen Z ist faul und un­motiviert...stimmt das? 🥱😴😒
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Und alle Baby­boomer wissen alles besser und denken nur an sich. 🙄 Pauschal­urteile über eine ganze Ge­ner­ation finde ich unfair. Ich erlebe viele Jugend­liche, die frustriert davon sind, ständig über­sehen und über­gangen zu werden und außer­dem sorgen­voll in die Zu­kunft schauen. Das motiviert natür­lich nicht, sich ein­zu­bringen. Außer­dem passen junge Menschen heute viel besser auf ihre kör­perliche und mentale Ge­sund­heit auf und sagen „Stop!“. Wer da zu dem Urteil „faul“ kommt, sollte mal mit jungen Men­schen sprechen.
Was kann die ältere Ge­ner­ation von der jüng­eren Ge­ner­ation lernen? 🧓🧒
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Na, vielleicht genau das: eine gesunde Ba­lance finden zwischen Arbeit und Frei­zeit, En­gage­ment und Selbst­sorge, Sor­gen um die Zu­kunft und Spaß am Leben. 😎🦾⚖️
Was macht eine gute De­mo­kratie aus?
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Menschen, die sich frei ent­falten können und ge­rade des­halb Ver­ant­wortung für die All­gemein­heit über­nehmen. 😇 Und ein Staat, der dafür einen guten und sicheren Rah­men bietet. 👮🏻‍♀️👨🏻‍⚕️👨🏻‍⚖️👩🏻‍🏫👩🏻‍🚒
Warum und wie setzt du dich für die De­mokratie ein? 📣
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Demokratie ist nicht perfekt und vieles daran ist an­stren­gend, lang­sam und komp­li­ziert. Aber De­mo­kratie ist die einzige Staats­form, die es ge­schafft hat, einen langen Frieden 🕊️ in vielen Teilen der Welt 🌍 zu schaffen und außer­dem für sehr viel mehr Gleich­be­rechti­gung und indi­viduelle Frei­heiten ge­sorgt hat. Dafür setze ich mich ein und dass das demo­kratische Mit­ein­ander immer besser wird. 🥰
Mit welchem Ver­ständ­nis gehst du deiner täg­lichen Arbeit nach? 😎🤩
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Es gibt da dieses Bibel­wort von Glaube ✝️, Liebe ♥️, Hoff­nung⚓ (1. Korinther 13). Und das ist es eigent­lich. Ich mache Bil­dung aus dem ✝️ heraus, dass Gott alle Men­schen liebt – das ist übrigens ziemlich das­selbe, wie die Sache mit der Würde des Men­schen. ♥️ ist der etwas zu path­etische Aus­druck für einen zu­ge­wandten Blick auf die­je­nigen, denen ich in meiner Arbeit be­gegvne. Und ohne ⚓ darauf, dass die Welt gut werden kann, ginge gar nichts.
Welche Rolle spielt dabei die Re­ligion?
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Das habe ich ja eigent­lich schon be­ant­wortet 😀 Ich mache po­litische Bil­dung als Christin. Aber nicht um zu missionie­ren, sondern zum einen, weil ich meine Grund­über­zeugung eh nicht ab­legen kann und sie dann lieber ganz offen sage. Manch­mal muss ich mich darüber streiten – das ist voll okay. Und zum anderen, weil ich damit ein Stück­chen der Ver­ant­wor­tung der Kirche für die Ge­sell­schaft mit über­nehme.
Ich mache Bil­dung aus dem Glau­ben her­aus, dass Gott alle Men­schen liebt – das ist übrigens ziem­lich das­selbe, wie die Sache mit der Würde des Menschen.
Dr. Annika Schreiter
Welche Rolle spielt De­mo­kratie in der medien­päda­gogischen Arbeit mit jungen Men­schen?
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Demokratie braucht Me­dien­öffent­lich­keit. Ohne wüsste z.B. nie­mand von uns in Thür­ingen, wie Olaf Scholz aus­sieht und was er zu sagen hat. Wer also in einer Demo­kratie zu­recht­kommen will, muss sich auch gut mit Medien aus­kennen. Des­halb ist Medien­päda­gogik für mich total po­litisch und ich würde po­litische Bil­dung, Demo­kratie­lernen und Medien­päda­gogik gar nicht trennen, son­dern ständig und immer zu­sammen­denken. 🤓💕
Wie sieht eine gute po­litische Bil­dung in Ver­bänden aus?
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Vor allem sollte sie ständig statt­finden und nicht nur manch­mal. Ver­bands­arbeit ist durch die Be­teiligungs­struk­turen ein super Lern­ort für De­mo­kratie! 🤩 Nirgend­wo sonst er­fahren so viele junge Men­schen neben­bei und ohne viel An­streng­ung, dass es lohnt, sich ein­zu­bringen und wie ge­mein­same Eini­gungs- und Ge­staltungs­prozesse funk­tion­ieren (können). Im Ideal­fall schaffen Ver­bände es dann klar­zu­machen, dass es in der großen Politik im Grunde ge­nauso läuft.
Wie können (oder sollten) politische Bild­ner*innen auf ak­tuelle Heraus­for­derungen re­agieren?
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😮‍💨 Wenn ich das so genau wüsste… Bei dem der­zei­tigen Rechts­ruck ist es total wichtig, die­jenigen zu stärken, die sich ihm ent­gegen­stellen und Netz­werke zu bilden, um sich ge­gen­seitig zu unter­stützen. Gleich­zeitig braucht es aber auch Ideen und Pro­jekte, um wirk­lich aus der eig­enen Bubble heraus­zu­kommen und mit Men­schen über Viel­falt, Men­schen­freund­lich­keit und De­mo­kratie ins Ge­spräch zu kommen. Und auch da­rüber, was andere so wütend macht und frus­triert, dass sie rechts­ext­reme Parteien für eine Alter­native halten.
Demokratie­skepsis nimmt zu, warum ist das so? 😒
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Die kurze Antwort ist vermutlich Stapel­krise 📚 Corona, Klima­kata­strophe, Krieg in der Ukraine und Nahost… Es bleibt gar keine Zeit zum Luft­holen. Das über­fordert 😵 Außer­dem haben viele Men­schen Angst vor Ver­änder­ung – gerade in Ost­deutsch­land, wo viele mit der Wende eine wahn­sinnig große gesell­schaft­liche Ver­änder­ung meistern mussten. Dazu kommt die Sorge, den eig­enen Lebens­standard nicht halten zu können. Das alles führt dann zu Zwei­feln daran, ob Poli­tiker*innen die Pro­bleme wirk­lich an­gehen und lösen können.
Was können wir als Fach­kräfte da­gegen tun? 🤔
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Zuhören 👂🏻, Fragen stellen ❓, ver­suchen zu ver­stehen, ohne für alles Ver­ständnis zu haben. Wenn eine Angst un­be­gründet ist, sollte man das auch sagen. Und wenn aus Angst Ideo­lo­gien der Un­gleich­wertig­keit ent­stehen, muss man auch da klar Stop sagen 🛑 Das schwierige daran ist, nicht besser­wisser­isch zu wir­ken und trotz­dem die ei­gene Hal­tung deut­lich zu machen.
Welche Rolle spielen dabei die Medien­an­ge­bote?
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Angebote wie der Wahl-O-Mat, Kamp­agnen-Web­sites oder Platt­formen wie die Viel­falts­biblio­thek machen zum einen Infos zu­gäng­lich , um sich im Demo­kratie­dschungel 🔎 zurecht zu finden. Nach­richten­medien tun das na­türlich auch! 📰 Zum anderen sind Medien aber na­türlich auch super wichtig, um sich zu ver­netzen und zu or­gan­isieren. Keine Demo ohne Hash­tag und keine Jugend­ver­bands­arbeit ohne Messenger. 📲
Welchen Rat würden Sie jungen Men­schen ge­ben, die sich für De­mo­kratie und Politik intere­ssieren?
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Such dir einen Jugend­verband, der deinen Interessen ent­spricht – egal ob 🤾🏻‍♂️🎶✝️🚑🛹🕺🏻🚒🏇🏻 … Dort findest du Gleich­ge­sinnte in deinem Alter, Mög­lich­keiten, deine Ideen ein­zu­bringen und auch Hilfe dabei, dich weiter­zu­en­twickeln.
Dein Plädoyer für die Jugend von heute...
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Lasst euch nicht ein­reden, wie ihr seid oder sein sollt. Ihr seid schon!